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Donnerstag, 10. Mai 2012

Der Verdacht

Wie das Wort Empathie in jede Jugendamtsakte von Münster gekommen ist

Eines Morgens muss jemand durch die Gänge des Jugendamtes von Münster das Wort "Empathie" gerufen haben: Möglicherweise war es die Behördenleiterin Dr. P. Vielleicht aber auch ihr Stellvertreter M. Gelesen haben könnten sie dieses Wort in den "Westfälischen Nachrichten", deren Lokalchef B. nicht mehr als 20 Zeilen schreiben darf, wenn er nicht mindestens 10 Sachen durcheinanderbringen soll.

Die fiktive morgendliche Szene:

Dr. P. (bei geöffneter Bürotür, was in der Hafenstraße selten ist, denn wenn ein Mitarbeiter sein Büro verlässt, schließt er ab, kommt er nach zehn Sekunden zurück, schließt er wieder auf): Hier in der Zeitung steht ein tolles Wort.
M. (der an diesem Morgen ebenfalls seine Schließmuskeln geschont hat): Können wir das für unsere Arbeit gebrauchen? Ich muss morgen zum Familiengericht, damit eine Mutter ihr Kind nicht wiederbekommt.

Dr. P.: Bestimmt. Das Wort klingt gut. Es heißt Empathie.
M.: Mit großem M?

Dr. P.: Nein, mit großem E.
M.: Großes E und dann zwei kleine m?

Dr. P.: Nein, nur ein kleines m.
M.: Dann ein kleines p?

Dr. P:: Richtig. Und dann noch athie.
M.: Nicht Apathie? Das werfe ich nämlich immer den Müttern vor.

Dr. P.: Wenn´s wirkt. Aber in diesem Fall athie.
M:: Hauptsache, man kann es auf alle Fälle anwenden. Ich will keine Unterschiede machen zwischen Müttern, die ihre Kinder nicht wiederbekommen.

Dr. P.: In der Zeitung steht zwar nicht, was Empathie bedeutet, aber es scheint vielseitig verwendbar zu sein. Wir sollten immer fehlende hinzufügen, denn wenn etwas fehlt, fragt niemand danach.
M.: Tolle Idee. Fehlende Empatie.

Seither steht dieses Wort in jeder Jugendamtsakte von Münster. Irgendwann hat M. dieses Wort sogar richtig geschrieben. Mit kleinem h nach dem kleinen t.




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